Ende der Schonfrist! – Schuldrechtsreform und Dauerschuldverhältnisse

Ab dem 1. Januar 2003 gelten die Neuregelungen der Schuldrechtsmodernisierung für alle Verträge.

1. Einleitung

Zum 1. Januar 2002 ist die Schuldrechtsreform in Kraft getreten. Über die wesentlichen Änderungen und die Auswirkungen der Reform insbesondere auf die Vertragspraxis hat die Kanzlei IHDE Rechtsanwälte bereits in verschiedenen Beiträgen und Workshops informiert. Für Verträge, die sich nicht in einem einmaligen Leistungsaustausch erschöpfen, sondern eine Verpflichtung zu einem fortgesetzten Tun, Unterlassen oder Verhalten begründen (sog. Dauerschuldverhältnisse) gelten die neuen Regelungen jedoch erst ab dem 1. Januar 2003, sofern die fraglichen Verträge noch vor Inkrafttreten der Reform geschlossen wurden. Durch diese „Schonfrist“ sollte den Parteien die Anpassung an das neue Recht erleichtert werden. Zu den Dauerschuldverhältnissen zählen unter anderem Rahmenverträge, Arbeitsverhältnisse, Pflege- und Wartungsverträge, Miet-, Leasing- und Pachtverhältnisse sowie Gesellschaftsverträge. Der vorliegende Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die wesentlichen Neuerungen, die bei den vorgenannten Verträgen ab dem nächsten Jahr zu beachten sind.

2. Rahmenverträge

Rechtliche Diskrepanzen gab es wegen der oben dargestellten Übergangsregelung teilweise bei Dauerschuldverhältnissen, die als Rahmenvertrag ausgestaltet waren. Die Einzellieferungen aufgrund von Abrufen erfolgten bereits ab dem 1. Januar 2002 auf der Grundlage des neuen Rechts, da es sich hierbei um eigenständige Verträge handelt, während auf den Rahmenvertrag noch nach altes Recht anzuwenden war. Um das unerfreuliche Nebeneinander von altem und neuem Recht zu vermeiden, haben viele Unternehmen bereits die Rahmenverträge angepasst und auch für diese die Geltung des neuen Rechts vereinbart. Soweit dies noch nicht erfolgt ist, sollten insbesondere die in Rahmenverträgen häufig vorhandenen Bestimmungen über Haftung, Gewährleistung, Lieferfristen, Vorgaben für den Wiederverkauf einer gelieferten Ware etc. nunmehr auf ihre Vereinbarkeit mit dem neuen Recht hin überprüft werden.

Mögliche Rechtsfolgen nach dem 31.12.02:
Teilweise oder vollständige Unwirksamkeit!

3. Arbeitsverhältnisse

Durch die Schuldrechtsreform unterfallen standardisierte Arbeitsverträge seit Anfang dieses Jahres der Inhaltskontrolle nach den Vorschriften über allgemeine Geschäftsbedingungen. Für Arbeitsverträge, die vor dem 1. Januar 2002 geschossen wurden, gilt diese Regelung jedoch erst ab 2003. Nach den Vorschriften über AGB führt ein Verstoß gegen die gesetzlichen Vorgaben zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel. Eine Auslegung, die eine solche Klausel auf das zulässige Maß reduziert (so genannte „geltungserhaltende Reduktion“) ist nicht möglich.

Mögliche Rechtsfolgen nach dem 31.12.02:
An die Stelle der unwirksamen Klausel tritt die für den Arbeitgeber oftmals unvorteilhafte gesetzliche Regelung. Problematisch mit Blick auf die Vorschriften über AGB sind beispielsweise Klauseln über Ausschlussfristen oder Rückzahlungsklauseln bei Sonderzuwendungen. Unter Umständen können auch Gehaltsvereinbarungen unwirksam sein, wenn sie zu weit unter dem üblichen Gehalt, wie es sich aus Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen ergeben kann, liegen.

4. Pflege- und Wartungsverträge, SLA´s, sonstige Betreiberverträge

Bei Pflege- und Wartungsverträgen, die im Zusammenhang mit der Lieferung oder Erstellung von Software abgeschlossen wurden, bereitete bereits vor der Reform die Abgrenzung zwischen der gesondert zu vergütenden Wartung und Pflege auf der einen und der Gewährleistung auf der anderen Seite Schwierigkeiten. Dieses Problem ist durch die deutlich verlängerten Gewährleistungsfristen erheblich verschärft worden, was bei der vertraglichen Gestaltung zu berücksichtigen ist. Eine mögliche Lösung liegt in einer neu strukturierten Pflegevergütung. Auch die Gewährleistungsklauseln selbst sind anzupassen. Alle Vertragsklauseln sollten auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Entsprechendes gilt für Service Level Agreements (SLA’s) und sonstige Betreiberverträge.

Mögliche Rechtsfolgen nach dem 31.12.02:
Teilweise oder vollständige Unwirksamkeit!

5. Miete und Leasing

Für Miet- und Pachtverhältnisse sowie Gesellschaftsverträge sind durch die Schuldrechtsreform keine wesentlichen Änderungen eingetreten, so dass im Regelfall kein Handlungsbedarf besteht. Dies gilt jedoch nicht für atypische Verträge und Mischverträge. Auch ist zu beachten, dass diese Verträge häufig im unmittelbaren Zusammenhang mit anderen Verträgen stehen, deren Auswirkung zu überprüfen sind. Dies trifft insbesondere auf den Zusammenhang mit Wartungs- und Pflegeverträgen zu. Wäre ein Vertrag ohne den anderen nicht abgeschlossen worden, erfasst die Unwirksamkeit des einen Vertrages regelmäßig auch den anderen Vertrag.

6. Zusammenfassung

Angesichts der teilweise gravierenden Neuerungen, die aufgrund der Schuldrechtsreform ab dem 1. Januar 2003 auch für sämtliche Dauerschuldverhältnisse gelten, ist es dringend anzuraten, die entsprechenden Vereinbarungen auf die Vereinbarkeit mit dem neuen Recht hin zu überprüfen. Erfahrungsgemäß sind die Vertragspartner meist ohne weiteres bereit, die gesetzlich erforderlichen Änderungen zu akzeptieren, wenn Ihnen ein entsprechender Vorschlag unterbreitet wird. Hingegen können fortbestehende Rechtsmängel im Streitfall zu Auftrags- und Forderungsverlust führen.

Ansprechpartner:
Rainer Ihde
Fabian Laucken

Stand: Dezember 2002